Die Widderfrau

 

Am 1. April 1955 wurde ich in Stadthagen geboren. Stadthagen findet man in der Nähe von Hannover.

Gewohnt habe ich die ersten drei Jahre in Niedernwöhren.

Dann zogen meine Eltern um nach Recklinghausen und ich musste mit.

Dort wurde ich in die evangelische Weißenburgschule eingeschult, obwohl ich katholisch getauft war. 

Da ich aus einer "Mischehe" kam, mein Vater war evangelisch, wurde ich nicht mit sechs Jahren in die katholische Schule aufgenommen. Die Begründung war: Stichtag war der 31. März und ich wurde leider erst einen Tag später geboren.

Meine Eltern erfuhren, dass es einige katholische Kinder gab, die nach mir Geburtstag hatten und dennoch eingeschult wurden.

 

Somit konvertierte ich bereits in jungen Jahren.

 

Als ich ca. neun Jahre alt war, sollte ich meiner Mutter die Uhrzeit vom Kirchturm ablesen, den man von unserem Balkon aus sah. Hmmm, irgendwie konnte ich die Zeit nicht ablesen.

Meine Mutter brachte mich zum Augenarzt und dieser verschrieb mir eine Brille...ich war nun eine Brillenschlange.

Merkwürdig war jedoch, ich konnte die Kirchturmuhr wieder ablesen...ohne Brille, aber davon wollte niemand etwas wissen.

 

Kurz vor meinem elften Geburtstag zogen meine Eltern erneut um, nach Marl, obwohl ich eigentlich nicht mitziehen wollte, weil ich meine Freundinnen, Klassenkameradinnen und Kameraden, sowie meine tolle Lehrerin verlassen musste.

Es half nichts, ich kam in Marl in die Grundschule und wurde dort in der Realschule  angemeldet.

Nach den Osterferien ging ich in die Realschule. Bäh ...ätzend! Blöde Lehrer, blöder langer Schulweg, blöde Schulzeiten, blöde Hausaufgaben....einfach alles blöd. Sogar der blöde Nachbarjunge Jürgen war dort. Man schrieb das blöde Jahr 1966 und am Ende des Jahres stand bei meinen Eltern fest, ich wechsel die Schule zurück.

 

1967, inzwischen zurück auf der Gesamtschule, hatte ich den großen Misserfolg beim "Eckenrechnen".

Das war ein Klassenspiel unseres Lehrers.

Jede Tischformation schickte seine Mitspieler nach und nach in die Start-Ecke.  Jede gelöste Rechenaufgabe brachte den Mitspieler weiter. Wenn alle Mitspieler der Tischformation durch waren, war dies der Sieg.

Ich stand nun da und "konnte nicht rechnen". Die nächste Pause überlebte ich heulend.

 

Am darauffolgenden Tag hatten wir unsere "Fahrradprüfung". Der Verkehrsübungsplatz sollte auf einer bestimmten Route verlassen und wieder angesteuert werden. Polizisten an der Wegstrecke schauten nach, ob sich jeder mit seinem Fahrrad auch verkehrstüchtig fortbewegte.

Mir fiel das Fahrradfahren an diesem Tag sehr schwer. Meine Beine wollten einfach nicht, auch meine Arme waren kraftlos. Ich hielt irgendwann an einem Baum an und setzte mich hin. Selbst lange Zeit später konnte ich nicht aufstehen.

So sammelte mich ein Polizeiauto mitsamt meinem Fahrrad ein und brachte mich nach Hause. Man kann sich so richtig die neugierigen Blicke der Nachbarn vorstellen, als die Polizei vorfuhr.

 

Ich wurde hoch getragen und meine Mutter rief unseren Hausarzt.

Da ich mich kaum bewegen konnte, kam ich nach Datteln in die Kinderklinik. Dort wurde ich auf den Kopf gestellt und in den ersten Tagen sogar gefüttert.

Langsam kamen die Kräfte zu mir zurück und ich wurde nach vier Wochen mit der Diagnose "Rheumatisches Fieber" entlassen.

Ich lernte das Laufen und Springen wieder, ging wieder zur Schule, zum Schwimmen und machte alles wie zuvor.

 

34 Jahre später sollte ich mich genau an diesen Vorfall und die anderen kleinen Zwischenfälle innerhalb der 34 Jahre erinnern.............

 

..............denn ich bekam 2001 die Diagnose MS (Multiple Sklerose)

 

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