Ich hatte MS !!!! Peng.

 

 

Inzwischen nenne ich sie Meine Süße.

 

 

Jetzt verstand ich auch, was ED heißt. Da bin ich in meinen Akten immer wieder drüber gestolpert, wenn ich sie in den Wartezeiten vor der nächsten Untersuchung durchforscht hab.

 

Enzephalomyelitis disseminata!!!

 

Aber das keiner mit mir über den Verdacht redete....obwohl, das MRT und die Liquor-Untersuchung am ersten Tag hatten schon die Diagnose fest gemacht...warum hat man mit mir nicht geredet...warum kann ich nicht weinen?

 

Ich lag hier wie gelähmt in meinen Gedanken und ich war tatsächlich gelähmt im linken Bein und blind auf dem rechten Auge................

Mensch, ich kannte die Ausfälle bei MS, warum bin ich nie darauf gekommen? Und ziemlich schnell hatte ich schon an diesem Nachmittag, in ein paar Stunden gewusst, wann ich Schübe hatte, welche Ausfälle sie brachten.....aber es hat sich ja alles immer wieder regeneriert...bis jetzt zu mindestens.

 

Eine Freundin rief um 17 Uhr an und ich sagte nur eiskalt: „Ich habe MS.“

Sie war zuerst mal geschockt und antwortete nur: „Ich komme.“

Sie brachte mir die wunderbarsten frischesten Erdbeeren mit, die ich je gegessen hatte, es war genau am 30. März 2001...zwei Tage vor meinem Geburtstag.

 

Mein Geburtstag wurde in der Klinik gefeiert. Viele Freunde kamen mit Geschenken und alkoholfreiem(!) Sekt. Meine Tochter kam mit ihrer Patin, meiner Freundin und ganz behutsam erklärte ich ihr meine Diagnose.

Ich bat sie auch, nichts derartiges zu erwähnen, solange meine Arbeitskolleginnen da waren.

Später habe ich in kleiner Runde meine Freunde von meiner Krankheit berichtet. Ich saß im Rollstuhl, meine Freunde waren geschockt und ich sprach von der Zukunft....wenn ich wieder laufen kann.....

Ganz entsetzt sagte da eine Freundin: Du sprichst immer, wenn ich wieder laufen kann, wenn...dann.....woher nimmst du nur immer deine Zuversicht?

 

Meine Lebensweisheit heißt: Mich kriegt keiner klein !!!

Und so eine blöde Krankheit erst recht nicht !!!

 

Positive Gedanken ziehen Positives an !!!

 

Meine allerbeste Freundin Heidi, wir kennen uns schon seit unserem 10. Lebensjahr, kam mit dem Zug zu mir.

Sie war es auch, die zu Hause meine Koffer packte, weil ich dann, nach zwei Tagen Aufenthalt zu Hause, direkt in die Reha nach Bad Orb fuhr.

 

Ich war dort mit einem Rollstuhl angemeldet, hatte aber keinen und wollte auch keinen.

Laufen war für mich eine Tortur. Das Bein wollte nicht so wie ich und diese wahnsinnigen Schmerzen.

 

Nach ein paar Tagen dann kam der Zusammenbruch, ich konnte nicht mehr.

Ein ganz liebevoller Arzt erklärte mir, dass ich genau diese Situationen wohl öfters haben werde und sie bitte annehmen solle. Ausruhen und jede Überbeanspruchung waren für die Zukunft zu vermeiden.

So etwas sagt man(n) einer Widderfrau. Ich, die schon immer rumwuselte, die keinen Stein ruhig liegen sehen konnte und jeden Stein kickte......

Bewegung war für mich mein Leben in allen Situationen.

Nach vier Wochen Reha wagte ich mich bis an den Rand des Kurparks. Dort saß ich dann auf einer Bank.....und hatte mich schon total verausgabt an den vielleicht 300 Metern.

Keiner kam vorbei, denn es war kalt und schneite leise. Ich hatte auch mein Handy nicht mit. Irgendwie, als mir der "Bobbes" fast abgefroren war, stand ich auf und schaffte es zurück. Glücklich saß ich in der Cafeteria.

Nach weiteren zwei Wochen schaffte ich es, den Kurpark einmal zu durchqueren, einen Tee zu trinken und auch wieder zurück zu kommen. Erfolg auf der ganzen Linie.

Ich wurde entlassen.

 

Zu Hause hatte ich noch ein paar Wochen Schonzeit. Ich lag im Liegestuhl auf der Terrasse und dachte: Niemand erfährt von meiner Krankheit, solange man noch nichts sieht. Auch der Arbeitgeber nicht.

 

Ich hatte genug Zeit, meinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Mal war ich todunglücklich und musste heulen, mal wurschtelte ich im Garten rum und freute mich der Blumen, der Sonne, des Lebens.

Alles war wieder gut.

 

Dann begann ich mit der Wiedereingliederung. Die machte ich ziemlich schnell, denn ich wollte nicht ins Krankengeld fallen. Eine Woche bevor meine Lohnfortzahlung zu Ende ging, war ich wieder voll dabei. Und meine Kolleginnen wussten über meine Krankheit Bescheid und mein Arbeitgeber auch. Ich fand es fairer allen gegenüber.

So beantragte ich auch einen Behindertenausweis und bekam ihn ohne Verzögerung. (Damals und mit 50%)

Im Juli begann ich meine Interferontherapie mit Avonex, da sich der Entzündungsherd nicht deutlich reduziert hatte.

Die Spritze setzte ich mir freitags, um über das Wochenende die Nebenwirkungen aus zu kurieren.

 

Ich liebte meinen Beruf und ich war froh, dass ich ihn wieder ohne Handicaps voll ausfüllen konnte.

 

Zwei Jahre später, 2003, beantragte ich erneut eine Rehamaßnahme. Diese wurde mir für 4 Wochen bewilligt und ich kam nach Bad Zwesten.

Dort lernte ich zwei liebe Menschen kennen, mit denen ich heute noch regelmäßig Kontakt habe.

 

Ich hatte in den letzten zwei Jahren so einiges festgestellt, was ich vorher alles ignoriert hatte.

Wenn ich früher die Treppen nicht hinauf kam, dann dachte ich: Hast ja auch ne Menge zugenommen, solltest mehr Sport treiben. Inzwischen wohnte ich ja schon seit 1996 im Erdgeschoss.

Oft war ich nach der Sauna so platt wie eine Flunder. Heute weiß ich, dass Wärme mir alle Kraft nimmt, also versuche ich sie zu vermeiden.

Auch im hessischen Bergland war in diesem Jahr eine große Hitze. Ich kam vom Parkplatz oft nur sehr mühsam hoch in die Klinik.

Aber so im Ganzen habe ich in den 4 Wochen Aufenthalt in der Klinik ordentlich Kraft schöpfen können. Mir ging es gut.

2004 gab es auch so eine Hitzeperiode. Da versuchte ich mit Überstunden die heißen Nachmittage abzudecken...oder auch mal ein paar Tage Urlaub zu nehmen. Meine Erdgeschosswohnung war verdunkelt und blieb lange unter 25 Grad. Fein, dann konnte ich mich dort so richtig von der Hitze des Tages erholen.